O-Ton, nein danke!

Im US-Fernsehen ist die Durchschnittslänge der O-Töne, die von Kandidaten im Wahlkampf verwendet werden, mittlerweile auf sage und schreibe acht Sekunden geschrumpft. (Ungefähr so lange, wie sie fürs Lesen des letzten Satzes gebraucht haben.) 1968 war die O-Ton-Länge der Präsidentschaftskandidaten noch 43 Sekunden. Noch 1990 hatte sich der Sender CBS verpflichtet, keine Soundbites unter 30 Sekunden zu verwenden, um so bessere und komplexere Informationen zu ermöglichen.

Heute, ¨¨uber zwanzig Jahre später, werden Politiker nach einem Drittel der Redezeit geschnitten.

Da kann man sich vorstellen wie der Wahlkampf 2040 aussehen kann: „Yes, I will…“

 

Exklusiver Club zum Untertauchen

Es gibt sie noch, die guten Adressen, wenn man beispielsweise mal kurz untertauchen möchte/muss: Eine ist der sogenannte „Frontline Club“ in London, ein Journalisten-Club von Kriegsberichterstattern(mit öffentlichem Restaurant). Unlängst hielt sich hier Herr Wikileaks Julian Assenge versteckt. Aber der kennt auch den Club-Gründer Vaughn Smith persönlich. Wem dieses Privileg nicht vergönnt ist, kann es trotzdem mal versuchen: 13 Norfolk Place, London W2 1QJ  Tel: +44 (0)20 7479 8950
Closest Tube Station: Paddington

Sprecher

In der Regel bin ich als Journalist ja der Meinung, von Pressesprechern höchstens die halbe Wahrheit zu erfahren, oder auch halbe Unwahrheiten. Das hat mir zuletzt auch den anerkennenden Rück-Blick auf die journalistische Qualität meines Regierungssprechers so schwer gemacht.

Im Falle des vorgeführten Pressesprechers im Bundesfinanzministerium jedoch, bin ich regelrecht  versucht, mich zum ersten Mal mit einem Pressereferenten zu solidarisieren. So grob ungerecht und perfide geht man mit Menschen einfach nicht um. Nicht hinter den Kulissen, und nicht davor.  

Kostenpflichtige News

Hört sich erst mal ganz alarmierend an: „News of the world“ will seinen Internetauftritt jetzt nur noch kostenpflichtig anbieten…

Na und – war eh nur Ramsch aus der Yellow-Press … und Sport. Die 2,37 Euro im Monat hätten sie von mir ohnehin nicht bekommen.

Kann man also nur hoffen, dass wirkliche Welt-News weiter umsonst bleiben. Umsonst, wie gesagt. Nicht vergeblich.

 

…wie es sein sollte…

Ein interessantes Zitat vom Medienforum NRW:

…Mit Sorge beobachten wir, dass zwar das Sender – und Programmangebot gewachsen ist, die Qualität des Angebots jedoch in gleichem Masse zu sinken scheint. Auf der Jagd nach den besten Quoten – und damit Marktanteilen – sind Boulevardisierung, Skandalisierung und bewusste Tabuverletzung die probaten Mittel. In diesem Sog bleibt guter Journalismus zunehmend auf der Strecke – nicht nur im „Unterschichtenfernsehen“, sondern auch in den „Qualitätsmedien“.

Richtig ist: Seit es Massenmedien gibt, gibt es Debatten über die Qualität der Medien. Das macht diese Debatten aber nicht überflüssig. Denn Medienentwicklung ist auch immer ein beständiges Ringen um die Inhalte und deren Aufbereitung.
Die seit Jahren breit geführten Diskussionen um Programmqualität vor allem entlang des (scheinbaren?) Widerspruchs „Quote oder Qualität“ müssen geöffnet werden: Rundfunk – und auch die Presse – sind Kulturträger. Sie
müssen einen Beitrag leisten zur Meinungsbildung und Orientierung im Zusammenleben einer freiheitlichen Gesellschaft. Dieser Aufgabe kommen die Medien unserer Meinung nach nur unzureichend nach.“
 

…bloss nicht neu erfinden!

Am 9. Mai ist Walther von La Roche mit 74 Jahren gestorben. Er war sicher einer der bedeutendsten Journalistik-Lehrer in Deutschland. Wohltuend unblasiert machte er immer wieder klar, dass sich Journalismus nicht dauernd neu erfinden muss. Und vor allem bei einer Sache wurde er deutlich: Wenn Journalisten ihr Publikum nicht respektierten. „Der Hôrer/Zuschauer/Leser ist doch kein Depp“ sagte er dann.  Und: „Die Reportage ist dann gut, wenn das Publikum sich selber ein Bild machen kann.“

Dadurch wird die Welt nicht besser

Immer mehr Magazine wollen keine Bilder mehr, die sozusagen „schwer anzuschauen“ sind: Also Gewalt,  Armut, Elend, Hunger.

Und doch berichten wir Auslandsreporter immer wieder über Menschen mit körperlichen oder psychischen Schäden, über Menschen die, aus welchem Grund auch immer, leiden.

Das Paradox: Oft gelingt der Zugang zum Zuschauer über „schöne“ Bilder. Berichtet man über schreckliche Leidenssituationen – wirkt das fast zynisch.

Zum Verständnis einer persönlichen Situation trägt es wohl am besten bei, wenn es gelingt, diesen Menschen mit einfacher Sympathie gegenüberzutreten und dabei ihre Lebensumstände ganz und gar unbeschönigt zu zeigen.

Daran, dass ich mit meinen Reportagen an den Zuständen etwas ändern könne, habe ich nie richtig geglaubt – und habe es doch. Denn wenn es gelingt, Menschen, Zuschauer einen Moment lang zu bewegen und in eine fremde Welt eintauchen zu lassen und diese mit ihnen zu teilen – dann ist schon viel erreicht. Damit muss man sich zufrieden geben.