Drohnenjournalismus ist ein neues, inhaltlich bisher kaum hervorgetretenes Phänomen – aber was die ersten Pioniere gegenwärtig zu etablieren versuchen, hat mit den militärischen oder „aufklärenden“ Funktionen wohl nur wenig zu tun. Ihnen geht es viel eher darum, mit ersten Drohnenbildern den Markt der – teuren – Helikopterbilder und -filme aufzufrischen und aufzumischen.
Drohnenjournalismus ist gegenwärtig vor allem Fotojournalismus. Er will billiger sein und in Bereiche vordringen, die Hubschraubern verschlossen sind. Und er soll die journalistische Arbeit ungefährlicher machen. Direkten Gefahren muss sich kein Drohnenjournalist mehr aussetzen.
Die ersten drohnenjournalistischen Versuche fanden wohl in den USA statt:
Am 11. November 2011 schwebte ein kleiner Quadrocopter der Firma Robokopter über einer – eskalierenden – Demonstration in Warschau (Polen). Die Bilder zeigen offenbar die Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten am polnischen Unabhängigkeitstag. Ihre ästhetische Perspektive war neu, von oben, nicht von der Seite. Und so erlangten die Filmsequenzen über YouTube und die polnischen Massenzeitungen einige Popularität. Sie gelten inzwischen als beispielhaft.![]()
Die (bisher wenigen) kommerziell genutzten Drohnen sind in der Regel kleiner und billiger als ihre militärischen Brüder, scheinen aber immer leistungsfähiger zu werden. Bereits 2010 wurde die kleine ferngesteuerte Drohne MD4-200 (47.000 Euro teuer) zur Überwachung der Proteste gegen die Castor-Transporte genutzt .
Daneben gibt es auch schon heute – eher dem traditionellen Modellflugzeug als der leistungsstarken Hightechdrohne nahe – Minidrohnen für den privaten Gebrauch. Eine ist der Quadrocopter Paront AR. Das eher spielzeugartige Gerät ist bei Amazon für rund 200 Euro zu erhalten. In den USA gibt es bereits eine regelrechte Amateurbewegung, die über 10.000 autonome, selbst zusammengebaute Drohnen besitzen soll.
Ob Zeppelin, Flugzeug, Hubschrauber oder Satellit: Seit es technisch möglich geworden ist, wurde das Bild (oder der Film) von oben von den Massenmedien für ihre Berichterstattung genutzt. Der (teure) Blick von oben hat sich eher langsam in den medialen Alltag „eingeschlichen“ – und verspricht vor allem eins: den neutralen Überblick.
Bereits 1994 wurde US-Footballidol O. J. Simpson von Kamerateams (paparazziartig) aus Helikoptern gefilmt, als er versuchte über eine Autobahn zu fliehen – die Bilder von der Flucht wurden live im Fernsehen übertragen. Damals klagten Polizei oder Rettungsdienste noch über Behinderungen ihrer Arbeit, Journalismusprofessoren über die Verschwendung journalistischer Ressourcen.
Doch das Helikopterbild setzte sich durch: Naturkatastrophen, große Radrennen, Marathonläufe oder Fußballturniere sind ohne Hubschrauberfotos (und Propellersurren) heute kaum noch denkbar. Als kürzlich ein Amokschütze in Aurora bei Denver (USA) während einer Batman-Filmvorführung ein Blutbad anrichtete, lieferten Hubschrauber die Überblicksbilder fürs Fernsehen, während die Reporter die Augenzeugen befragten. Selbst der Steisand-Effekt beruhte – ursprünglich – auf Helikopterfotos. Sie machten das bisher Unsichtbare sichtbar.
Daneben gibt es die – gezoomten – Satellitenbilder (aktuell etwa über die Lage in Syrien) oder die Bilder der (fixierten) Überwachungskameras. Auch sie zeigen die Welt von oben und dringen immer stärker in die Medien und ihre Berichterstattung ein.